Unterfunktion der Schilddrüse und Therapie
Unterfunktion der Schilddrüse, Ursachen und Behandlung.
Der Aufbau der Schilddrüse und ihre Funktionsstörungen, insbesondere die Unterfunktion der Schilddrüse:
Da ist die Schilddrüse, in der medizinischen weltweiten Terminologie in der lateinischen Sprache die Glandula Thyroidea. Wie man auf der schönen Zeichnung erkennt, es ist das unterste Organ direkt unter dem Kehlkopf, sie heißt Schilddrüse, weil sie wie ein Schild aussieht. Mittig direkt darüber sieht man die Musculi Cricothyroidae, also die Muskeln, die man zur Bewegung der Stimmbänder benötigt. Vier davon sind vorne, die anderen sechs hinten.
Darunter die Trachea, die Luftröhre. Im Studium war es ein unvergessliches Vergnügen, die Namen der Muskelgruppen zu lernen. Da gibt es noch einen Musculus Arytenoideus Obliquus und noch ganz andere, nachts beim Lernen vor den Prüfungen haben bei dieser Namensgebung eben diese Muskeln beim Aussprechen einen Knoten bekommen.
Die Schilddrüse ist sozusagen das Energiezentrum des Körpers. Sie bildet Hormone, richtig, die Schilddrüsenhormone. Der Vollständigkeit halber sei die Nebenschilddrüse erwähnt, aber die ist etwas ganz anderes.
Die Schilddrüsenhormone sind dafür da, dass die Zellen des Körpers überhaupt aktiv werden. So als ob man Benzin in die spärliche Zündflamme schüttet.
Wenig Schilddrüsenhormon bedeutet wenig Zellaktivität, bei der richtigen Menge läuft der Körper wie geschmiert, zu viel Hormon der Schilddrüse sorgt für zu viel Aktivität.
Da nun jede Zelle des Körpers von diesem Hormon abhängig ist, von dem Nagelbett des Zehennagels bis zum Gehirn, macht sich eine Abweichung des Hormonspiegels überall bemerkbar.
Was passiert im Körper bei einer Unterfunktion? Die Symptome hier aufgelistet.
Bei einer Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose) ist also zu wenig Action in den Zellen angesagt. Der Energieumsatz sinkt, es wird einem schneller kalt oder man friert andauernd, das Gehirn hat weniger Aktivität, man wird schneller müde und ist schläfrig. Das bedeutet leider nicht, dass man besser schlafen kann, denn im Schlaf arbeitet das Gehirn genauso wie im Wachzustand, man döst eher vor sich hin, der Schlaf ist aber nicht qualitativ ausreichend.
Die Antriebslosigkeit kann anfangs auch als Depression gedeutet werden, was es auch ist. Nur eben keine, die mit Antidepressiva behandelt werden kann!
Bei dem gesenkten Energieumsatz wird man schneller dick. Eine Patientin hatte täglich ein Brötchen mit Käse und ein Glas Milch zu sich genommen und war übergewichtig, aber immerhin mit dieser geringen Menge gesättigt.
Die oben genannten Stimmbandmuskeln arbeiten dann auch nicht mehr richtig, deshalb kann die Stimme rau oder heiser werden.
Die Haarwurzeln sind weniger aktiv, Haarausfall und die verbliebenen Haare werden struppig.
Der Verdauungsapparat ist weniger aktiv, das Symptom Verstopfung tritt auf.
Die Gonaden, also beim Mann die Hoden, bei der Frau die Eierstöcke, produzieren ihr eigenes Geschlechtshormon weniger, die Libido nimmt drastisch ab, die Periode ist betroffen.
Die verminderte Aktivität des Herz- Kreislaufsystems äußert sich im niedrigen Blutdruck, verlangsamter Herzfrequenz auch mit Anpassungsschwierigkeiten an plötzliche Lagewechsel beim Aufstehen mit Schwarzwerden vor den Augen. Schnell laufen wird der Patient ohnehin nicht wollen.
Der berühmte Kropf, die Vergrößerung der Schilddrüse, tritt erst sehr spät auf.
Ein Symptom bei einem Kollegen war, dass er sich wochenlang mit der Arbeitsbelastung zunehmend überfordert fühlte. Er gab an, dass er morgens beim Blick auf die Akten auf dem Schreibtisch gar nicht wusste, wo er überhaupt bei diesem unerschöpflichen Arbeitsberg anfangen sollte. So gesehen ist eine Unterfunktion der Schilddrüse für den Arbeitstag in einem Krankenhaus nicht förderlich. Einige Wochen klagte der Kollege über das Arbeitspensum, welches er vorher gut bewältigt hatte. Als er dann einmal ein Wochenende vom Freitag bis Montag komplett durchgeschlafen hatte und am Montag immer noch müde war, ging er zu einem niedergelassenen Kollegen, der mittels Laboruntersuchung des Blutes die richtige Diagnose stellen konnte.
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Schilddrüsenhormons ist der, dass es ein Reifungshormon des ungeborenen oder neugeborenen Kindes ist. Es ist für die Knochenreifung und insbesondere für die Reifung des Gehirns wichtig. Sind diese Abschnitte des Wachstums des jungen Menschen durch die Unterfunktion der Schilddrüse gestört, bleiben sie es für immer. Um es höflich zu sagen, da ist die Floskel: was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr, zutreffend. Dieser Effekt wird als Kretinismus bezeichnet.
Man sollte also beim Verdacht auf diese Symptome auf keinen Fall aktiv zuwarten, sondern sofort aktiv werden und zum Arzt gehen. Der Facharzt für die Schilddrüsenfunktionsstörung ist der Endokrinologe, der behandelt überwiegend Hormonstörungen und kennt sich in- und auswendig aus. Natürlich ist der Internist oder der beliebte Hausarzt eine ebenso gute Adresse.
Die Ursachen für eine Unterfunktion der Schilddrüse sind vielfältig. Jod ist ein zentraler Bestandteil des Schilddrüsenhormons, wenn man in einem Jodmangelgebiet lebt, Deutschland ist ein Jodmangelgebiet, dann kann die Schilddrüse beim besten Willen nicht genügend Hormon bilden.
Dann bildet sich auch gerne der Kropf, die Schilddrüse will durch eine Massenzunahme den Mangel der Produktion ausgleichen.
Ein Überangebot an Jod führt paradoxerweise auch zu einer Unterfunktion. Folglich gilt Vorsicht bei der Einnahme von Jod, in Deutschland gilt die Jodsubstitution des Salzes etc. als unbedenklich, im Gegenteil, die Häufigkeit der Hypothyreosen ist seitdem geringer geworden.
Unglücklicherweise gibt es Krankheiten, die abwechselnd zu einer Überfunktion und dann zu einer Unterfunktion führen. Die bekannteste ist die Hashimoto-Thyreoiditis, der Basedow, Autoimmunkrankheiten und noch mehr.
Die Therapie der Hypothyreose ist zum Glück in den letzten Jahrzehnten einfacher geworden, weil es neuerdings die Schilddrüsenhormone als Tabletten gibt in exakter Dosierung.
Man fängt mit der kleinsten Menge an, denn vergessen Sie nicht unser o. g. Beispiel des Benzins in die Zündflamme schütten nicht.
Das sind 25 µg morgens. Wichtig, extrem wichtig, ist dabei, dass die Tablette auf absolut nüchternen Magen genommen wird, außer Wasser ist nichts erlaubt. Und zwar bis die Tablette verdaut und im Blut ist, das dauert 30 Minuten. Auch Tee oder gar Kaffee im schlimmsten Fall mit Milch sind nicht gestattet. Warum?
Das Hormon bindet sich an alle Eiweißstoffe. Wenn die im Magen sind, dann ist das Hormon im Eiweiß und damit weg für den Körper. Tee und Kaffee beinhalten größere Mengen an Eiweiß, man mag es kaum glauben. Die Kombination von Kaffee und Milch hat so viel Eiweiß, dass diese Kombination in der Schilddrüsentherapie als Diablo Due bezeichnet wird, wenn es dann im schlimmsten Fall anstelle des Wassers zum Hinunterspülen genommen wird. Die mangelnde Karenzzeit von 30 Minuten bis zur Nahrungsaufnahme ist der häufigste Grund für ein Therapieversagen.
Innerhalb von Tagen erhöht der behandelnde Arzt in 25 µg-Schritten die Dosis, bis das Gleichgewicht erreicht ist. Auf keinen Fall sollte der Laie an der Dosis spielen, denn die Hormone setzen langsam über Tage in der Wirkung ein, sind sie dann aber auf einmal zu hoch dosiert, dann ist die daraus resultierende Symptomatik der Überfunktion kein Zuckerschlecken und so gefährlich, dass das Angstgefühl begründet ist. In dem Fall sofort den Arzt aufsuchen oder in das Krankenhaus.
Zur Kontrolle der Therapie ist die Blutuntersuchung wichtig. Man kann die beiden Schilddrüsenhormone T3 und T4 bestimmen, aber aussagekräftiger ist der TSH-Spiegel. TSH heißt Thyreoidea stimulierendes Hormon und das wird im Gehirn in der Hypophyse gebildet. Ist der Hormonspiegel zu gering, wird mehr TSH ausgeschüttet, ist der Spiegel hoch, dann eben weniger. Man muss dabei bedenken, dass das Gleichgewicht erst nach einer Woche erreicht ist, zur Überprüfung der Therapie muss man erst eine Woche abwarten, bis die Messtechnik aussagekräftig ist. Die offiziellen Normwerte sind 0,3 – 4 mU/L. Ich selber habe die Therapie lieber schärfer eingestellt auf einen TSH-Wert um 0,1 mU/L. Bei den Patienten fingen die Symptome der Hypothyreose schon an, wenn der TSH-Wert bei 2 mU/L lag. Bei höheren Werten folgte neben der Antriebslosigkeit der Libodoverlust.
Diese Feinheiten bei unzufriedener Einstellung mit den Hormonen kann der Endokrinologe am besten beurteilen, da er aus eigener Erfahrung weiß, dass diese Grenzwerte eher vorsichtig formuliert sind. In meiner Praxis in Kiel habe ich liebend gerne den Rat des Dr. Kokenge gesucht, der immer flugs die richtige Antwort wusste und erklärend zur Seite stand. Als ich Kiel verließ vor 11 Jahren, spielte er deutlich in Gedanken mit dem Ruhestand. An dieser Stelle noch einmal ein großes Dankeschön an einen großartigen Arzt.
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Comments (2)
Ich habe seit ein paar Monaten die Vermutung, dass ich an Schilddrüsenunterfunktion leiden kann. Ich bin oft müde und ich wache nie wirklich erholt auf. Ich habe noch nicht mit meiner Hausärztin darüber geredet, aber vielleicht sollte ich lieber direkt zu einem Internisten?
Moin Anja,
gute Frage. Der Facharzt dafür ist der Endokrinologe. Der kennt auch die kleinen Widrigkeiten der Diagnostik und Therapie.
Liebe Grüße
Michael Klaus